Entwicklung

Biokraftstoffe für Pflanzenölmotoren der 2. Generation

Dezentrale Produktion und Nutzung als Lösung für Entwicklungs- und Schwellenländer

Forschungs- und Entwicklungsprojekt: Reine Pflanzenöle von dezentralen Ölmühlen als künftiger Treibstoff für Vielstoff-Common-Rail-Motoren zur ländlichen Stromversorgung und zum landwirtschaftlichen Transport

Prof. Dr.-Ing. Hans-Peter Rabl, Tobias Braun, Dr. Georg Gruber, Thomas Dotzer, Alois DotzerAls der Dieselmotor erfunden wurde, war Pflanzenöl bereits ein Thema: Auf der Pariser Weltausstellung 1896 präsentierte Rudolf Diesel einen Dieselmotor, der mit Erdnussöl lief. Seither haben sich die Qualität von Biokraftstoffen auf Pflanzenölbasis und von Verbrennungsmotoren gleichermaßen konstant weiterentwickelt. Pflanzenöle sind heute eine preisgünstige, sichere und umweltfreundliche Kraftstoffquelle, besonders in ihren Herkunftsländern. Sie eignen sich dabei nicht nur für Generatoren und Traktoren, sondern auch für Transportfahrzeuge wie LKWs.

Stand der Technik sind eine innovative dezentrale Produktionsmethode für Pflanzenöl der 2. Generation, das die DIN 51623 für Treibstoffqualität erfüllt, und eine Motorentechnik für reines Pflanzenöl, Biodiesel und Diesel. Derartige Vielstoff- oder Flex-Fuel-Motoren lassen sich für die Stromerzeugung in Standalone-Generatoren oder im Rahmen eines Hybridsystems zusammen mit anderen regenerativen Energiequellen wie Winkraft, Photovoltaik oder Wasserkraft einsetzen.

John Deere Europe hat diese Flex-Fuel-Technologie als künftiges Transportkonzept für die Landwirtschaft bestimmt. Im Zusammenspiel können erreichte Treibstoffqualität, neue Produktionsmethoden und die innovativen Flex-Fuel-Motoren Landwirtschaft und entlegenen Gebieten eine zu 100 % erneuerbare Energiequelle zur Stromproduktion zur Verfügung stellen und ebenso nachhaltig produzierte Pflanzenöle für Traktoren und Landmaschinen.

Überblick

Biokraftstoffe als Rückgrat lokaler Produktion

Über zwei Milliarden der Menschen auf der Welt sind gegenwärtig nicht ans Stromnetz angeschlossen. Die meisten von ihnen sind Bauern, und der größte Teil der nicht ans Netz angeschlossenen Gebiete sind landwirtschaftliche Flächen. Als Kraftstoff für Generatoren, Fahrzeuge und Maschinen wird hier bislang vorwiegend Diesel eingesetzt. Dies bedeutet nicht  nur hohe Kosten, sondern auch ein hohes Umweltrisiko, nicht zuletzt durch die langen Transportwege. Elektrizität und Mobilität mit Hilfe erneuerbarer Energien wie Wasser, Solarstrom und Biomasse stellen eine vielversprechende Alternative zu fossilen Kraftstoffen dar. Dabei haben Biokraftstoffe aus Biomasse zu anderen regerativen den großen Vorteil, dass sie bereits einen Energiespeicher darstellen.

Für die Stromversorgung in ländlichen Gebieten lassen sich mit Biokraftstoff betriebene in Standalone-Generatoren oder Hybridsystemen sowie als Backup-System oder zum Ausgleich von Stromschwankungen im Netz einsetzen. Der gleiche Biokraftstoff eignet sich zusätzlich zum Betrieb von landwirtschaftlichen Großgeräten und Fahrzeugen wie Traktoren und Lastwagen, die sich nicht durch Elektrofahrzeuge ersetzen lassen. Biokraftstoffe eigenen sich besonders gut für den Einsatz für Stromerzeugung und Transportaufgaben im ländlichen Raum, da landwirtschaftliche Betriebe ihren eigenen Treibstoff erzeugen können. Durch nachhaltige lokale Produktion und den Verbrauch direkt beim Erzeuger stellen Biokraftstoffe so ein Rückgrat für die Landwirtschaft dar.

Reine Pflanzenöle der 2. Generation aus dezentralen Ölmühlen

Künftige Biokraftstoffe erfordern einen ganzheitlichen Ansatz, der eine alltagstaugliche nachhaltige und CO2-neutrale Produktion mit dem Einsatz von High-End-Common-Rail-Motoren verbindet, die Diesel, Biodiesel und reines Pflanzenöl gleichermaßen nutzen können. Dabei sind hoher Wirkungsgrad, geringer Verbrauch und geringer Schadstoffausstoß wesentliche Anforderungen.

Biodiesel ist ein durch Veresterung an herkömmliche Dieselmotoren angepasster Treibstoff. Im Gegensatz dazu müssen für den Einsatz reinen Pflanzenöls Dieselmotoren technisch an diesen zähflüssigen Kraftstoff angepsst werden. Allerdings erfordern mittlerweile moderne Common-Rail-Motoren und Abgasreinigungssysteme auch bei Biodiesel Motoranpassungen. Motorenhersteller haben deshalb die Freigabe für reinen Biodieselbetrieb für Motoren der Stufen 3A, 3B und 4 zurückgezogen.

Da nun beide Biokraftstoffe Änderungen an den Motoren erfordern, ist reines Pflanzenöl gegenüber Biodiesel im Vorteil: Es ist wenig hygroskopisch und schwer entflammbar und damit ideal transport- und lagerfähig. Außerdem ist es nicht grundwasserschädlich und liefert 8 % mehr Energie als die gleiche Menge Biodiesel. Zugleich sinken durch die nicht mehr nötige Veresterung Kosten, CO2-Ausstoß und Transportaufwand im Produktionsprozess. Dieser beshränkt sich auf das mechanische Pressen und Filtern und erfordert weder Methanol/Ethanol, noch entstehen Glycerin-Rückstände. Im Vergleich zu anderen Biokraftstoffen wie Alkohol, Biogas und Biodiesel kombiniert Pflanzenöl in modernen Dieselmotoren beste Effizienz mit höchster Energiedichte.

Lange galt reines Pflanzenöl als nur in einfachen Dieselmotoren einsetzbarer Kraftstoff mit wenig Zukunft. Aufgrund seiner hervorragenden physikalischen Eigenschaften setzten jedoch das Unternehmen VWP-Gruber und seiune Partner dennoch daran, Treibstoffqualität und Motorentechnik für seinen Einsatz zu verbessern. Hierzu entwickelte VWP-Gruber etwa zusammen mit dem österreichischen Unternehmen Waldland einen patentierten Prozess, um schädliche Stoffe aus dem Pflanzenöl zu entfernen. Die ersten Normen für Pflanzenöltreibstoffe (DIN V 51605) und  Biodiesel (EN 14214) erlaubten nämlich hohe Anteile an Phosphor, Kalzium und Magnesium, die die Lebensdauer der Motoren verkürzten, Katalysatoren zerstörten und Partikelfilter verstopften.

Je nach den jeweiligen Mengen Phosphor, Kalzium und Magnesium im Rohöl und den angestrebten Werten im gereinigten Öl sind Dosierung der verfahrensspezifischen Filter- und Reinigungshilfe OBEFIL, Rührzeit, Öltemperatur und Filterungsaufwand aufeinander abzustimmen, um für diese Stoffe die analytische Nachweisgrenze von 0,5 mg/kg zu unterschreiten. Mit dem innovativen Reinigungsprozess werden die gültigen Treibstoff-Qualitätsnormen DIN 51605 für Rapsöl und DIN 51623 für verscheidene Pflanzenöle unterschritten, bei denen die Grenzwerte bei 1 mg/kg Phosphor und 3 mg/kg Kalzium und Magnesium liegen. Durch die Zugabe eines Antioxidationsmittels lässt sich die lagerfähigkeit des Pflanzenöls selbst in tropischem Klima auf über ein Jahr verlängern.

Durch den einfachen Herstellungsprozess lassen sich Pflanzenöl-Kraftstoffe der 2. Generation überall in Asien, Lateinamerika, Afrika und Europa in unmittelbarer Nachbarschaft von Ölpflanzenfeldern und -plantagen produzieren. Damit haben entlegene ländliche Gebiete und Inseln direkten Zugang zu nachhaltig und regional produzierten, hochwertigen Treibstoffen. 

Beispiel: Dezentrale Ölmühle mit VWP/Waldland-Reinigungssystem in Manabi

Diese Ölmühle kann jährlich bis zu 400.000 l Pflanzenöl produzieren, das die international aktuellsten und strengsten Qualitätsstandards für Pflanzenöl-Kraftstoffe erfüllt, die DIN 51623. In Deutschland und Österreich sind inzwischen mehr als 200 vergleichbare Ölmühlen in Betrieb. Seit 2011 produziert die Ölmühle in Manabi Jatropha-Öl in einem Hybrid-Verbund für erneuerbare Energien auf der Galapagos-Insel Floreana. In einer vom deutschen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung geförderten Public-Private-Partnerschaft streben das österreichische Unternehmen Waldland, VWP-Gruber und der WWF Deutschland die Zertifizierung der Manabi Jatropha Oil Association nach dem Nachhaltigskeitsstandard des RSB (Roundtable on Sustainable Biomaterials) an. Das Manabi-Projekt für Kleinbauern gilt als eines der interessantesten Biokraftstoff-Projekte weltweit. Rund 3.000 Kleinbauern sammeln und transportieren Jatropha-Nüsse von bereits existierenden Hecken und produzieren daraus Biokraftstoff mit kleinem CO2-„Fußabdruck“.

Common-Rail-Vielstoffmotoren für Stromerzeugung und Transport im ländlichen Raum

Im Vergleich zu anderen Verbrennungsmotoren wie Ottomotoren für den Betrieb mit Alkohol oder Biogas haben Dieselmotoren die höchste Energieeffizienz. Deshalb hat VWP-Gruber eine neue Generation von Common-Rail-Vielstoffmotoren entwickelt, die nach mechanischer und elektronischer Anpassung mit Pflanzenöl-Kraftstoffen der 2. Generation ebenso betrieben werden können wie mit Biodiesel, Diesel oder beliebigen Mischungen dieser Kraftstoffe. Derartige Flex-Fuel-Motoren lassen sich zur Stromerzeugung oder als Antrieb für landwirtschaftliche Fahrzeuge, Traktoren, Lastwagen und Pickups einsetzen.

Entwicklung von Flex-Fuel-Common-Rail-Motoren mit Hochdruckeinspritzung für die Elektrifizierung

Im Vergleich zu anderen flüssigen Biokraftstoffen wie Alkohol oder BTL (Biomass to Liquid) haben Pflanzenöle bei 20 °C eine 19- bis 50-fach höhere Viskosität, die das Verdampfen des Kraftstoffs verhindert.Zusammen mit einem Flammpunkt oberhalb von 300 °C und einer niedrigen Cetanzahl (die die Zündwilligkeit eines Dieselkraftstoffs angibt) macht dies reine Pflanzenöle absolut explosionssicher und ungefährlich für Wasser, Boden und Atmosphäre. Aufgrund dieser Eigenschaften sind Pflanzenöle eine offensichtliche Wahl als natürlicher Treibstoff für Mobilität und Elektrizität.

Allerdings sorgen genau diese Eigenschaften, die zur Einstufung als „nicht feuergefährlicher Kraftstoff“ führen, bei der Verbrennung in Dieselmotoren für Probleme. Deshalb müssen serienmäßige Dieselmotoren technisch angepasst werden, bevor sie mit reinem Pflanzenöl betrieben werden können. Die Alternative, das reine Pflanzenöl analog zu Biodiesel an den den Motor anzupassen, war für VWP Gruber keine Lösung: Mit verringerter Viskosität, gesenktem Flammpunkt und erhöhter Cetanzahl würde das Pflanzenöl die gesetzliche Einstufung als „nicht feuergefährlich“ und „nicht wassergefährdend“ verlieren – mit entsprechenden Nachteilen im Hinblick auf Transport und Lagerung und höherem risiko für Verbraucher.

Für die Anpassung von Dieselmotoren zum Betrieb mit reinem Pflanzenöl existieren keine universellen Umrüstsätze. Da zudem jeder Hersteller auf eigene Dieseltechnologien setzt, müssen die Anpassungen diesen individuellen Designs mit individuellen Lösungen begegnen. Grundsätzlich umfastt die Anpassung eines Common-Rail-Diesels:

  • ausreichend dimensionierte Kraftstoffpumpe mit System zur Kraftstofferkennung und automatischer Regelung von Druck und Durchsatz in Abhängigkeit von Kraftstofftemperatur und -viskosität
  • in die Einspritzdüsen integrierte Heizung für besseres Kaltstartverhalten und bessere Emissionswerte
  • Anpassung der Motorsteuerungs-Software mit unterschiedlicher Software-Architektur entsprechend der vorgeschriebenen Emissionsklasse und des eingesetzten Kraftstoffs

Nach diesen grundlegenden Anpassungen sowie weiteren modellspezifischen Änderungen können Common-Rail-Diesel unterschiedlichster Größe mit mehreren Kraftstoffe – reinem Pflanzenöl, Biodiesel und Diesel – in einem Tank (Flex-Fuel) im stationären oder mobilen Betrieb genutzt werden. Ein Traktorhersteller erhielt für diese Vielstoff-Technologie bereits eine Goldmedaille auf einer der weltgrößten Agrarmessen.

Pflanzenöl-Kraftstoffe der 2. Generation in der Stromerzeugung

Im Zusammenspiel können neue Produktionsmethoden für hochwertige Treibstoffe und die innovativen Flex-Fuel-Motoren ländlichen und abgelegenen Regionen zu 100 % mit erneuerbaren Energien für Strom- und Wärmeerzeugung versorgen. Bereits vor 20 Jahren wurden die ersten Berghütten des Deutschen Alpenvereins mit Strom über Hybridsysteme mit Pflanzenöl-Generatoren versorgt: 1996 wurde in den österreicheischen Alpen auf 2.800 Metern Höhe in der Studlhütte das erste Hybridsystem mit Pflanzenöl-Generator und Photovoltaik installiert. Mittlerweile sind in Deutschland, österreich und der Schweiz mehr als 60 Berghütten mit Blockheizkraftwerken ausgerüstet, die Pflanzenöl-Generatoren mit Photovoltaik, Wind- oder Wasserkraftwerken kombinieren. In den Berghütten sind dabei ausschließlich Vorkammer-Diesel sowie Rapsöl als Treibstoff eingesetzt, das bis zu -10 °C flüssig bleibt.

Seitdem wurden Direkteinspritzer-Motoren und Motoren mit Hochdruck-Einspritzung sowie andere Pflanzenöle neben Rapsöl für die Stromerzeugung entwickelt worden. Ein Meileinstein in diesem Bereich war der Ersatz fossiler Brennstoffe auf den Galapagos-Inseln. Nach mehreren schweren Schiffshavarien 2001 und 2002, die mehr als 10.000 Galapagos-Echsen und zahlreiche weitere Meerestiere töteten, startete die Regierung von Ecuador ein Projekt, um bis 2020 fossile Brennstoffe komplett von den galapagos-Inseln zu verbannen. Eine Machbarkeitsstudie der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ergab, dass aus zahlreichen unterschiedlichen Biokraftstoffen (Biodiesel, reines Pflanzenöl, Biogas, Holzgas) und Pflanzenölen (Palmöl, Rapsöl, Jatrophaöl, Sonnenblumenöl, Sojaöl) Jatrophaöl die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen am besten erfüllte und so der ideale Kraftstoff war, um die höchsten technischen und ökologischen Ansprüche auf den Galapagos-Inseln abzudecken.

In einem Pilotprojekt in Kooperation mit dem ecuadorianischen Ministerium für Energie und erneuerbare Energien, dem deutschen Umweltministerium und dem deutschen Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat VWP-Gruber 2010 zwei Jatrophaöl-Generatoren auf Floreana, der kleinsten bewohnten Galapagos-Insel, aufgebaut und sie bis 2014 betreut. Auf der Insel wird Sonnenenergie so durch Photovoltaik und Photosynthese umfassend genutzt: Die Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 21 kWp „erntet“ tagsüber die einfallende Sonneneinstrahlung, während die beiden Generatoren mit einer Leistung von 69 kWel gespeicherte Sonnenenergie in Form von Jatrophaöl für die Abdeckung des Spitzenbedarfs ebesno sorgen wie für die Stromversorgung in Zeiten ohne Sonnenlicht oder bei leeren Speicherbatterien. Dabei wurden die Generatoren ohne Ausfälle über mehr als 18.000 Stunden pro Flex-Fuel-Motor mit Jatrophaöl, Diesel oder einem Gemisch dieser Kraftstoffe betrieben. Eigentliche Herausforderung auf Floreana war der Aufrbau eines vollständig aus erneuerbaren Energien betriebenen Off-Grid-Systems, das den täglichen, über 24 Stunden hinweg ständig wechelnden Strombedarf auf Floreana exakt abdeckt. Für Hybridsysteme existieren hier unterschiedliche Szenarien und Konzepte.

Obwohl Jatrophaöl als eines der vielversprechendsten künftigen Kraftstoffe angesehen wird, existieren bis dahin praktisch keine Daten über das Langzeitverhalten und Schadstoffaustausch damit betriebener Motoren. Im Januar 2011 wurden desshalb Abgassmessungen an den modifizierten Motoren des Modells Deutz 1013 BF4M durchgeführt. Mit Ausnahme einer 5-prozentigen Überschreitung des CO-Grenzwerts im Dieselbetrieb erfüllten die Generatoren alle örtlichen Abgasvorschriften für Galapagos. Die Kohlenmonoxid- und Partikelemissionen sind im Betrieb mit Jatrophaöl nur rund halb so groß wie im Dieselbetrieb. Der Schwefelausstoß liegt bei Null, da Jatrophaöl schwefelfrei ist. Aufgrund schnellerer Verbrennung sind die NOx-Emissionen bei Jatrophaöl etwa 10 % höher als bei Diesel, aber immer noch deutlich unter dem Grenzwert. Das Pilotprojekt in Floreana wird im Lauf des Jahres 2016 von der Siemens AG für die rund zehnmal größere Galapagos-Insel Isabela angepasst.

Die Flex-Fuel-Technologie auf Floreana und die Produktion eines Biokraftstoffs der 2. Generation in Form von Jatrophaöl stellen in dieser Hinsicht ein evolutionäres technisches Modell für eine vollständig auf erneuerbaren Rohstoffen basierende Energieversorgung nicht nur für andere Inseln des Archipels dar, sondern für jede Insel und jede ländliche Region der Welt.

Motoren für Pflanzenölkraftstoffe der 2. Generation in Traktoren

Der direkte Einsatz reinen Pflanzenöls als Kraftstoff in der Landwirtschaft ist eine der offensichtlichsten Anwendungen, da ökonomische und ökologische Effizienz durch Anbau der Ölpflanzen und Herstellung und Nutzung des Pflanzenöls maximiert werden. Zudem erfordern landwirtschaftlicher Maschineneinsatz und Transport hohe Leistungen und hohe Energieeffizienz, die durch Dieselmotoren erfüllt werden, jedoch wenig Raum für Elektromobilität lassen.

Um Dieselmotoren elektronisch an den Flex-Fuel-Betrieb anzupassen, mussten mehr als 20 Tabellen des Steuergeräts spezifisch neu gemappt werden. In einer dreijährigen Demonstrationsphase mit 16 John-Deere-Traktoren in vier europäischen Ländern wurden die Emissionsklassen Tier 3A, 3B und 4 getestet. Der Ausstoß an Kohlenmonoxid. Stickoxiden, Kohlenwasserstoffen und Partikeln erfüllt auch in der näheren Zukunft die Tier-3A-Anforderungen vieler Länder in Lateinamerika, Afrika und Asien. Damit existiert ein erprobter und zuverlässiger Traktor mit Vielstoffmotor, der mit verschiedenen Pglanzenöl-Kraftstoffen der 2. Generation betrieben werden kann und so landwirtschaftliche Mobilität sicherstellt.

Einsatz von Pflanzenölmotoren der 2. Generation für Transportzwecke im ländlichen Raum

Biokraftstoff Jatrophaöl auf dem PrüfstandViele ländliche Gebiete weltweit sind nur schwierig mit fossilen Kraftstoffen zu versorgen, sind jedoch ideale Anbaugebiete für Ölpflanzen. Aus diesem Grund hat VWP-Gruber mit seinen Partnern eine Technologie zu entwickeln, mit der sich leichte Transportfahrzeuge wie Pickups mit reinem Pflanzenöl aus lokaler Produktion ebenso betreiben lassen wie mit Diesel, Biodiesel oder Mischungen dieser Kraftstoffe. Das Forschungsprojekt startete mit einer Untersuchung des dynamischen Einspritzverhaltens und der Sprühnebelverteilung verscheidener Pflanzenöle mit unterschiedlicher Viskosität in einer Hochdruckkammer. Anschließend konzentrierte sich die Untersuchung auf zwei der meistverkauften und technisch modernsten Common-Rail-Dieselmotoren mit aufwendigen System zur Abgasreinigung, die 1,6-l- und 2-l-Motoren von VW.

Um die Eignung für den internationalen Markt zu prüfen, wurden der 2-l-Motor in einem VW Amarok mit Diesel, Jatrophaöl und Rapsöl im Stadt- und Autobahn-Testzyklus 692/2008/EG geprüft. Dabei blieben die Werte für Kohlenmonoxid, Stickoxide, Kohlenwasserstoffe und Partikel in jedem Fall unterhalb der Grenzwerte. Auf einem Prüfstand in der OTH Regensburg wurde der 1,6-l-Motor ebenfalls mit Diesel- und Pflanzenölen getestet.

Dabei ergab sich bei Jatrophaöl ein leichter Nachteil beim spezifischen Verbrauch aufgrund dessen geringeren Heizwertes im Vergleich zu Diesel. Aufgrund der Unterschiede in Oberflächenspannung, Viskosität und Dichte leigt der Kohlonmonoxid-Ausstoß bei Jatrophaöl höher. Dafür ist der Kohlenwasserstoffausstoß wegen seines höheren Sauerstoffgehalts ebenso geringer wer Partikelausstoß. Bei höheren Graden der Abgasrückführung gleichen sich der Partikelausstoß von Jatrophaöl und Diesel an. Der Stickoxidausstoß liegt ohne Abgasrückführung bei Jatrophaöl geringfügig höher als bei Diesel.

Im Anschluss an die Forschungsphase und Funktions- und Emmissionstets auf statinären und Rollenprüfständen fand ein Feldversuch mit Sommer- und Winter-Betrieb auf lang- und Kurzstrecken mit jeweils einem Audi A4, A6 und Q5 sowie einem VW Amarok stand, um die Praxistauglichleit des Flex-Fuel-Betriebs mit dem 2-l-Common-Rail-Diesel des VW-Konzerns zu belegen.

Zusammenfassung

Das 21. Jahrhundert steht im Zeichen der Dekarbonisierung und des Wechsels von fossilen zu erneuerbaren Energien. Die Initative „Zero Fossil Fuel for Galapagos Islands“ kann so zur Blaupause für eine technische Evolution werden, um die Weltstandards für Stromerzeugung und Mobilität zu ändern. Nachhaltig erzeugte Biokraftstoffe sind eine wichtige Voraussetzung für die Stromerzeugung und den Transport großer Lasten bzw. dem Transport über lange Strecken. Während Alkohol und Biogas Benzinmotoren antreiben können, sind Pflanzenöle eine vielversprechende Option für Dieselmotoren. Landwirtschaftliche Gebiete sind in vielen regionen der Welt nicht ans Stromnetz angeschlossen und verfügen über eine rudimentäre Infrastruktur, die sie schlecht erreichbar macht. Damit scheiden hier zentrale, energieintensive und teure oder technisch aufwendige Biokraftstoff-Lösungen wie Wasserstoff, Hydrocracken, Drop-in Fuels oder Kraftstoffe der 3. Generation aus.

Nachhaltig in dezentralen Ölmühlen produzierte Pflanzenöl-Kraftstoffe der 2. Generation mit einer Qualität nach DIN 51623 erfüllen dagegen die Anforderungen in diesen Regionen inerhalb eines vollständig auf erneuerbare Energien gestützten Hybridsystems. In Kombination mit hochentwickelten Flex-Fuel-Motoren erfüllen Pflanzenöl-Kraftstoffe der 2. Generation die aktuellsten Emissionsvorschriften und vereinen am besten von allen Biokraftstoffen die ökologischen, ökonomischen und sozialen Vorteile beim Einsatz in landwirtschaftlichen Maschinen. Gerade in abgelegenen Gebieten mit begrenztem Zugang zu Kraftstoffen stellt die Vielstoff-Fähigkeit der Motoren die Treibstoffversorgung aus unterschiedlichen Quellen sicher.

Damit sind Pflanzenöl-Kraftstoffe der 2. Generation besonders im Agrarsektor die Lösung für brennende Probleme wie Klimawandel, abnehmende fossile Ressourcen und die Notwendigkeit, Lebens- und Futtermittel und Treibstoff zu akzeptablen Preisen für eine wachsende Bevölkerung zu liefern. In Verbindung mit hochentwickelten Flex-Fuel-Motoren ist der Schritt von zentral produzierter und begrenzter fossiler Energie zu denzentraler und unerschöpflicher erneuerbarer Energie technisch bereits heute möglich und gleichermaßen ökologisch und ökomomisch tragfähig.